Heute ist Jahrestag der Anschläge auf das World Trade Center, überall
ist geflaggt. Unsere Reiselust leidete aber nicht darunter. Die Nacht war, wie
nicht anders zu erwarten, nicht so erholsam. Um sieben Uhr waren meine Leute dann wieder
auf den Beinen. Hansi und ich haben uns nicht aus der Ruhe bringen lassen und
schauten den Hektikern zu. Hektisch waren sie aber gar nicht. Die hatten auch
die Ruhe weg. Der Chauffeur hat nach dem Zähneputzen erst einmal eine Runde
über das Gelände gedreht. Da gestern nicht mehr viel mit Sonnenuntergang war,
wollte er versuchen, einen Sonnenaufgang klar zu machen. Doch die Sonne war zu
schnell für ihn. Da blieb nur noch der Morgendunst.
Mit diesem eingeschränkten Erfolgserlebnis ging es für meine
Reisebegleiter erst einmal zur Nahrungsaufnahme. Die schien recht erfolgreich
gewesen zu sein, denn sie kamen gut gelaunt zurück zum Zimmer. Als alles ver-
und eingepackt war, ging es dann endlich mit dem nächsten Abenteuer los. Wir
fuhren quer durch das Lancaster County und machten unseren ersten Stopp in
Intercourse, der Name ist ja echt der Brüller.
Da wohnen Leute, die heissen Lapp oder Stoltzfuss. Die haben Strohhüte
auf, tragen lange Bärte und fahren mit Kutschen, die sie hier Buggy nennen.
Richtig, wir waren bei den Amish People. Die leben heute noch so wie im 18.
Jahrhundert. Sie dürfen keinen Strom nutzen, keine Telefone und noch so manch
andere Sachen. Und schlicht müssen sie sein, sonst sind sie Angeber und kriegen
einen Rüffel vom Chef. Aber die haben ihre Tricks und Kniffe und legen die Vorschriften
so aus, dass sie es bequemer haben und ihnen trotzdem keiner vor den Buggy
treten kann.
In der Stadt gibt es das Kitchen Kettle Village, ein Touristenmagnet.
Da wir ja auch welche sind, mussten wir da natürlich hin. Da gibt es viele
Geschäfte, die typische und untypische Waren verkaufen. Im ersten Geschäft
fühlte ich mich persönlich angegangen.
Aber die meinten mich gar nicht, da war ich schnell wieder versöhnt.
Zur Belohnung durfte ich dann mit dem Hansi mal wieder Modell stehen, das hat
uns richtig Spass gemacht.
Plötzlich war schon Weihnachten, dachte ich. Aber wir waren nur in
einem Geschäft, in dem das ganze Jahr über Weihnachten ist. Zufällig lag da
eine Gitarre rum. Von der feierlichen Stimmung habe ich mich anstecken lassen
und „White Christmas“ angespielt.
Nun sollte es noch ein weiteres musikalisches Erlebnis geben, aber das
fiel leider aus. Es sollte nach Auskunft
von Kennern der dortigen Musikszene eine Band spielen, die bei schönem Wetter
gerne mal wie Strassenmusikanten auftritt. Das Wetter passte, doch den Musikern
war es wohl zu warm, oder zu kalt, oder sie hatten einfach keine Lust.
Irgendwann fuhren wir dann Richtung York, weil wir uns dort auch ein
bisschen umsehen wollten. Dabei kamen wir durch Ortschaften mit so schönen
Namen wir „Bird in Hand“ und „Paradise“. Das fand ich schön. York fanden wir
aber überhaupt nicht schön. Die Stadt kam uns total herunter gekommen vor.
Neben den Sehenswürdigkeiten direkt Häuser im Leerstand, verdreckte Strassen
und Häuser und die Menschen, die wir sahen, kamen uns auch nicht sehr Vertrauen
erweckend vor. Da fuhren wir lieber weiter nach Gettysburg.
Als das Liebchen vom Chauffeur meinte, dass sie Hunger habe, liess sich
der Chauffeur nicht lange bitten und fuhr, wie schon am Vortag, einen Subway
an. Zuhause habe ich die beiden noch nie bei unserem Subway gesehen und hier
jetzt schon zwei Mal hintereinander. Aber heute zahlte es sich auch für mich
aus. Da waren zwei so süsse Käfer, die meinem Charme nicht widerstehen konnten.
Jetzt hatte ich natürlich bombige Laune, es konnte nichts mehr schief
gehen. In Gettysburg angekommen, suchten wir uns ein Hotel. Der Chauffeur, der
alte Sparfuchs, hatte gut vorgearbeitet und holte einen super Preis im Days Inn
raus. Vor dem Hotel stand ein schöner Oldtimer, der für mich wie geschaffen
war.
Ich durfte den aber noch nicht einmal anfassen, da kennt der Chauffeur
keinen Spass. Um uns davon abzulenken, dass die Sache mit York ein Reinfall
war, fuhren wir nun in ein Outletcenter und gaben uns dem Frustkonsum hin. Das
gab uns fast den Rest für heute. Es ging nur noch zum Essen, ins Hotel und ab
in die Federn. Wir wollten schliesslich am nächsten Tag wieder fit sein und
bereit für die nächsten Abenteuer.
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